Meine Uroma Erna war die erste, die in unserer Familie Jugendweihe feierte. Das war im Jahr 1922, zu Zeiten der Weimarer Republik.
Seit mehreren hundert Jahren gibt es Initiationsfeste, vielgestaltige Weiherituale der Naturvölker, in denen Kinder zu Erwachsenen ernannt werden. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte das Humanitätsideal der Aufklärung entscheidenden Einfluss auf die Entstehung der Freidenkerbewegung.
Die Jugendweihe kann heute auf eine etwa 165-jährige Tradition zurückblicken.
1846 fand die erste Feier einer freireligiösen Gemeinde in Breslau statt. 1852 wurde erstmals der Begriff „Jugendweihe“ für die weltliche Feier, mit der die Familien den Eintritt ihrer Kinder ins Jugendalter festlich begehen, verwendet. In Berlin fand die erste große Feier zur Jugendweihe am 14. April 1889 im Großen Saal des Konzerthauses Leipziger Straße statt. 1.500 Besucher*innen waren erschienen, um mit 37 Mädchen und Jungen das Fest der Jugendweihe zu begehen.
Seit 1889 – besonders nach dem 1. Weltkrieg – gab es eine Vielfalt von Jugendweihen der verschiedenen Freidenkerverbände, Arbeiterparteien und Gewerkschaften. Diese waren zunehmend parteipolitisch geprägt, entwickelten sich aber ungeachtet dessen zu einer für breite Schichten akzeptierten Festkultur.